Designerin Marion Muck aus Köln weiß es.
„Wenn Frauen aussehen wie Männer, stimmt etwas nicht.“
Stellen Sie sich vor, Sie stehen abends auf dem Kölner Flughafen, und um Sie herum warten Geschäftsleute auf ihren Heimflug. Einer geht nach Rom, der andere nach Berlin. Erkennen Sie, wer auf welche Maschine gebucht ist?
Darauf wette ich! Es mag sich anhören wie ein Klischee, aber gerade an der Businessmode scheiden sich nach wie vor die Geschmäcker. Oder sagen wir besser: Es scheidet sich an ihr das Fingerspitzengefühl für einen individuellen Auftritt im Job. Und Hand aufs Herz: Uns Deutschen gereicht dieser Vergleich mit romanischen Ländern nicht unbedingt zur Ehre. Egal ob wir von Männern oder Frauen sprechen.
Worin liegt denn der Unterschied, etwa mit Blick auf die Damen?
Er liegt im Schnitt, in der Stoffqualität, in der die Art und Weise, wie die Trägerin mit ihrem Outfit eine Symbiose bildet. Und nicht zuletzt liegt er im Umgang mit Farben. In Deutschland glaubt man ja traditionell, dass nur gedeckte Töne gehen im Business, während es in Wahrheit fast keine Einschränkungen gibt – vorausgesetzt man hat ein Auge dafür. Deswegen sehen Sie in deutschen Unternehmen so oft den biederen mausgrauen Hosenanzug, in dem Sie Frauen von Männern kaum unterscheiden können. Und wenn das der Fall ist, kann etwas nicht stimmen.
„Die selbstsichere Frau verwischt nicht den Unterschied zwischen Mann und Frau – sie betont ihn“, meinte Coco Chanel. Aber gilt das tatsächlich auch für die Businessmode? Sie will doch die Branche oder die Firma repräsentieren und nicht die Weiblichkeit …
Das sagen Sie. Ich dagegen meine, dass sich heute beides keineswegs ausschließen muss. Im Gegenteil: Ich bin sogar sicher, dass mittlerweile Frauen im Job nur dann beeindrucken können, wenn sie Persönlichkeit zeigen – und die ist nun mal weiblich. Lange Zeit galten Frauen in konservativen, geradezu uniformhaft burschikosen Kostümen und Hosenanzügen als taff; heute sind es mehr und mehr diejenigen, die wissen, wer sie sind, und wie sie ihre Individualität zum Ausdruck bringen. Aber damit Sie mich richtig verstehen: Ich will die Weiblichkeit unterstreichen, nicht verniedlichen. Eine starke, selbstbewusste Weiblichkeit, das ist mein Ziel. Natürlich handelt es sich dabei immer um einen Drahtseilakt. Aber wer ihn als Modedesigner beherrscht, erzielt die charismatischsten Ergebnisse.
Es geht Ihnen also um Authentizität?
Einerseits ja. Authentizität oder Echtheit ist überall dort gefragt, wo Vertrauen wichtig ist, also vor allem im Business. Andererseits beeindrucken uns nur Menschen, die uns zugleich auch überraschen, verblüffen, erstaunen. Es sind Menschen mit einer besonderen inneren Spannung, Menschen, die einen bestimmten Lebensstil haben und uns deswegen interessant vorkommen. Der offensichtlichste Ausdruck eines solchen Stils ist eine Kleidung, die nicht nur Demonstrationscharakter hat, sondern auch ästhetisches Spiel ist.
Und dieses Spiel sollte heute in der Businessmode nicht fehlen?
So ist es. Das Spielerische hat auch dort seinen Platz – zumindest in den meisten Branchen. Wer dies nicht berücksichtigt, langweilt schnell und vergibt sich große Chancen. In der Karriere geht es neben den Qualifikationen doch vor allem um das, was man „Eindrucksmanagement“ nennt. Also sollte man mit seiner Kleidung möglichst unverwechselbare Akzente setzen. Und genau dabei helfe ich meinen Kundinnen aus der ganzen Welt seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Ich entwerfe für sie Mode voller spannender Gegensätze, die sich in der Anmutung auflösen zu einem harmonischen, die Persönlichkeit unterstreichenden Ganzen. Auch und vor allem im Business-Segment.
Das klingt beinahe, als sei Businessmode heute ein großer Spaß …
Aber selbstverständlich. Und das auf breiter Front. Die im Gegensatz zu Ländern wie Frankreich, Italien oder Spanien ziemlich deutsche Angewohnheit, Businessmode nur im Business zu tragen und nicht privat, verschwindet Gott sei Dank zusehends. Meine Kreationen passen darum perfekt ins Bild. Sie machen im Büro ebenso Eindruck wie abends auf der Party unter Freunden, können also sozusagen durchgetragen werden.
Man fühlt sich in ihnen immer richtig, weil sie die Persönlichkeit abrunden?
Genau. Diese Qualität ist kaum hoch genug einzuschätzen. Auch im Businessalltag selbst, der voller Überraschungen stecken kann – vom plötzlich anberaumten Kundengespräch bis zum überraschenden Cheftermin. In meinen Designer-Outfits machen Frauen in allen Situationen eine gute Figur und fühlen sich großartig dabei. Schließlich wirkt Businessmode nicht nur nach außen, sondern auch nach innen.
Gilt das für jede Businessmode?
Prinzipiell ja – im Guten wie im Schlechten. Aber nur ambitionierte, individuelle Kreationen können das Vertrauen in die eigenen Kräfte und Kompetenzen ernsthaft stärken. Das ist auch ein wichtiger Anspruch meiner Kostüme und Kleider: Frauen, die sie tragen, sollen sich nicht verkleidet vorkommen, sondern ganz bei sich sein, sollen ihre Persönlichkeit zum Leuchten bringen statt ihr Licht unter den Scheffel zu stellen.
Woher wissen Sie, ob Ihnen das gelingt?
Ach, das geht schnell. Sie müssen nur erleben, wie meine Kundinnen bereits bei der Anprobe vor dem Spiegel wie auf Knopfdruck aufblühen. Wenn uns etwas wirklich steht, entfaltet sich eine eigentümliche, mitreißende Kraft, die unmittelbar für alle spürbar ist. Bei jeder Gelegenheit. Und natürlich vor allem im Job.